Peter Staub, Gründer der pom+ Consulting AG, ist zum 25-Jahr-Jubiläum seiner Gesellschaft an die Spitze des Verwaltungsrats gewechselt. Im folgenden Interview spricht er über seine nächsten Vorhaben und Ziele.
Erst einmal: Gratulation zu 25 Jahren pom+, Herr Staub! Was sind die Gründe für den jetzt erfolgten internen Wechsel zum Präsidenten des Verwaltungsrates?
Peter Staub: Ich habe mich ganz bewusst damit auseinandergesetzt und auch meinen Leuten immer wieder gesagt: «Alles hat ein Verfalldatum.» Mein CEO-Verfalldatum habe ich schon vor einigen Jahren auf den 1.2.2021 festgelegt und mit meinen VR- und GL-Kollegen den Nachfolgeprozess strukturiert – und nun auch erfolgreich umgesetzt. So durfte ich die Firma 25 Jahre führen. Und sowohl die Unternehmung als auch ich haben nun Raum für Neues. Es war eine unglaublich schöne Zeit und ich freue mich, pom+ und weitere Unternehmen als Verwaltungsrat strategisch weiter begleiten zu dürfen.
Sie sind mit pom+ seit einigen Jahren auch in Deutschland tätig. Was unterscheidet diesen Immobilienmarkt vom Heimatmarkt Schweiz?
Wir realisieren in Deutschland vor allem Projekte im Bereich Digitalisierung und Nachhaltigkeit und treffen eigentlich die gleichen Herausforderungen an wie bei uns in der Schweiz. Es gibt auch dort bei diesen Themen einige spannende Vorreiter, welche die Megatrends schon früh ernst genommen und ihre Verpflichtungen wahrgenommen haben. Ich spreche im Zusammenhang mit der Digitalisierung ja oft von Pflicht und Kür. Zu den Pflichtaufgaben gehört die Sicherstellung aktueller und verlässlicher Daten. Erst wenn das gegeben ist, kann die Kür in Angriff genommen werden.
Was wäre die Kür?
Beispielsweise Anwendungen wie Artificial Intelligence. Die meisten Unternehmen in Deutschland sind, wie auch bei uns in der Schweiz, mit der Pflicht noch gut beschäftigt. Die Unterschiede sind da nicht riesig. Ich freue mich, nun auch öfters im grossen Nachbarkanton für pom+ aktiv sein zu können. Sie sind auch Venture Partner beim Berliner VC-Fonds PropTech1.
Wie hat sich dieser in der Zwischenzeit positioniert und entwickelt?
Bei PropTech1 haben wir bisher im DACH-Raum in neun Start-ups investiert, die sich alle gut entwickeln. Der bisherige Verlauf bestätigt den Ansatz der Fondsgründer Nikolas Samios und Anja Rath. Mit ERIC European Real Estate Innovation Capital wurde nun vor Kurzem die Verwaltungsgesellschaft aus dem bisherigen Family Office ausgegründet, um die Eigenständigkeit von PropTech1 zu betonen – und um darüber hinaus perspektivisch die Möglichkeit zu haben, weitere Investmentgefässe im Segment Real Estate Innovation im europäischen Kontext aufzulegen.
Zusammen mit weiteren Schweizer Akteuren haben Sie hierzulande den Verein «The Branch Do Tank» gegründet. Was steckt dahinter?
Hierbei geht es um die bessere Integration der Prozesse im Lebenszyklus von Bauwerken. Dies ist zwingend erforderlich, um die Schweizer Immobilienwirtschaft wettbewerbsfähig zu halten und effizienter zu machen. Mein Doktorvater an der ETH Zürich, Prof. Dr. Hans-Rudolf Schalcher, war Gründer des Zentrums für Integrierte Planung im Bauprozess (ZIPBau) mit dem Ziel, die am Planungs- und Bauprozess beteiligten Stakeholder zu einer integrierten Arbeitsweise zu führen. Die erforderlichen effizienten IT-Hilfsmittel fehlten allerdings damals noch. Mit der BIM-Technologie und -Methodik sind diese heute da. Nun geht es darum, diese neuen Konzepte auch umzusetzen. Übrigens: Markus Mettler, einer der Hauptinitiatoren von «The Branch Do Tank», hat damals auch am ZIPBau mit mir zusammengearbeitet. Anscheinend hat das ZIPBau wirklich nachhaltig Wirkung gehabt…
Bei der International Building Performance & Data Initiative e.V. (IBPDI) setzen Sie sich für einen einheitlichen digitalen Gebäudedatenstandard ein. Welche Fortschritte gibt es hier?
Der Fokus liegt auf der integrierten Verarbeitung von Daten und der Steigerung der Wertschöpfung entlang des Lebenszyklus von Bauwerken. Wir sind da – einmal abgesehen von einigen Branchenleadern – immer noch in der Steinzeit. Viele Gebäude sind ungenügend dokumentiert oder ihre Daten bei verschiedensten Beteiligten in unterschiedlichen Systemen redundant abgelegt und nur schwer zugänglich. Datengetriebene neue Geschäftsmodelle sind so kaum wirkungsvoll umsetzbar. Wenn wir diese Situation verbessern wollen, braucht die Bau- und Immobilienwirtschaft Plattformen, welche die integrierte Datenverarbeitung massiv vereinfachen.
Wie kann das gelingen?
Die Voraussetzung dafür: einheitliche oder zumindest harmonisierte Standards. Genau hier setzen wir mit unserem Verein IBPDI an. Basierend auf dem Common Data Model (CDM)-Ansatz von Microsoft, wollen wir durchgängige Strukturen schaffen, welche auf bestehenden Standards basieren. Dabei werden schrittweise prozessspezifische Cluster entwickelt, welche über das Github-Portal frei und offen allen Interessierten in der Branche angeboten werden. Im Moment bestehen solche Cluster bereits für die Bereiche Digital Twin und Sustainability; Datenstrukturen für die Segmente Property- und Portfolio-Management werden folgen. Mit einer steigenden Anzahl Vereinsmitglieder werden wir mit dieser Herkulesaufgabe erfolgreich sein und unser Ziel erreichen. Da bin ich zuversichtlich.
Vielen Dank, Herr Staub, für das sehr interessante Gespräch.
- Das Interview wurde zuerst im Schweizer Fachmagazin IMMOBILIEN BUSINESS (Ausgabe März 2021) veröffentlicht.