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«Wertschöpfung durch proaktives Immobilien-Management»

DOMBLICK - Beitrag Francesca_Boucard Swiss Life Asset Management VÖD 20240320

Beitrag von Francesca Boucard, Head Real Estate Research & Strategy bei Swiss Life Asset Managers und Mitglied von wipswiss – women in property switzerland association.

Die makroökonomischen und demografischen Rahmenbedingungen in der Schweiz präsentieren sich zu Beginn des Jahres 2024 so solide, dass wir von einer weiteren Stabilisierung am Schweizer Immobilienmarkt ausgehen. Die langfristigen Hypothekarzinsen sind im Schlussquartal 2023 bereits spürbar gesunken und mit der Aussicht auf zwei Zinssenkungen durch die Schweizerische Nationalbank im Jahresverlauf dürften auch die Finanzierungskosten für Projektentwicklungen wieder günstiger werden. Damit besteht Aussicht auf mehr Planungssicherheit – eine Chance, die Investoren aktiv nutzen sollten.

Ohne Fleiss kein Preis

Das Jahr 2023 war für die Immobilienmärkte ein herausforderndes Jahr. Ausgelöst durch steigende Zinsen kamen die Transaktionsmärkte ins Stocken, Finanzierungen wurden erschwert und auch die Bewertungen litten teilweise. Auch 2024 sorgen generelle Schwierigkeiten im Baugewerbe und allgemein bei der Kapitalbeschaffung weiterhin für Hürden bei der Versorgung mit neuwertigen Flächen und machen bestehende Assets zum knappen Gut. Die aktuelle Investitions- und Bauaktivität bringt zum Ausdruck, wie selektiv Investoren im heutigen Umfeld agieren.

Die fallenden Zinserwartungen werden nun Schwung in die Sache bringen, konkret mit anziehender Transaktionsaktivität im zweiten Halbjahr 2024. Sowohl die Nominalverzinsung von Staatsanleihen als auch die Hypothekarzinsen in der Schweiz sind seit den Höchstständen 2022 deutlich gefallen. Mittelfristig erwarten wir eine Stabilisierung, so dass wir bis Ende 2026 für die schweizerische Bundesanleihe von 1.1% ausgehen (Stand März 2024).

Das bedeutet, dass wir uns auf einem höheren Zinsniveau als in den letzten zehn Jahren vor der Pandemie befinden. Ganz so einfach wie vor der Zinswende wird die Gewinnsteigerung im Immobilienbereich also nicht mehr. In den nächsten Jahren wird sich die Spreu vom Weizen trennen und nur die Investoren, die sich aktiv mit ihren Portfolios und den darin enthaltenen Assets beschäftigen, generieren auch in Zukunft anhaltende Wertschöpfung.

Reicht «Lage, Lage, Lage» noch aus?

Aber was heisst das? Investoren dürfen sich auch weiterhin am Leitsatz «Lage Lage Lage» orientieren. Es braucht aber künftig mehr als nur die Lage, um die Erträge zu erhalten oder auch steigern zu können.

In einem ersten Schritt ist die Wahl des Sektors entscheidend. In der Schweiz glauben wir weiterhin stark an den Wohnsektor. Die Nettozuwanderung in die Schweiz betrug über die vergangenen zwölf Monate rund 100’000 Personen und wir erwarten, dass diese auch weiterhin über den Vorjahren liegt.  Durch ein nach wie vor knappes Angebot steigen die Markmieten für Wohnraum entsprechend um 1 bis 5% zum Vorjahr, in den Städten sogar noch mehr. Damit ist der mittelfristige Ertragszuwachs gesichert.

Die anhaltende Zuwanderung stützt auch das Beschäftigungswachstum. Vor dem Hintergrund einer Erholung des Wirtschaftswachstums gehen wir davon aus, dass auch die Nachfrage nach Büroflächen konstant ist. Hier sind wir aber im Vergleich zur Vergangenheit vorsichtiger, weil die Ansprüche an die Flächen (neben Lage auch Ausbaustandard und vor allem ESG-Anforderungen) nochmals stark zugenommen haben. Die zuletzt erschienenen Daten bestätigen, dass Geschäftsflächen an Bestlagen am gesuchtesten sind, obwohl gewisse Firmen Büroflächen abbauen wollen.

«Prime» bleibt im Investorenfokus

Gemäss CBRE stieg die Verfügbarkeitsquote im vierten Quartal 2023 in Vororten auf 9,8% an, während sie in Central Business Districts (CBDs) mit 3,8% vergleichsweise tief liegt. Entsprechend verhalten sich die Angebotsmieten: Neuere Zahlen von Wüest Partner zeigen rückläufige Angebotsmieten für Büroflächen in der Schweiz. Gleichzeitig steigen sie in den Topmärkten Zürich und Genf und verharren in den anderen grösseren Städten leicht über Vorpandemie-Niveau. «Prime» bleibt also im Fokus der Investoren.

Neben strukturell attraktiven Sektoren wie Wohnen oder Gesundheitsimmobilien, getrieben durch die Alterung der Gesellschaft, wird es in den nächsten sechs bis neun Monaten auch Möglichkeiten geben, attraktive Objekte in anderen Sektoren zu niedrigen Preisen zu erwerben. Die Investoren sollten bereit sein, solche Möglichkeiten zu prüfen, sobald sie sich ergeben.

Neben der Wahl des Sektors hat auch die aktive Bewirtschaftung noch einmal an Bedeutung gewonnen. Das bedeutet für Investoren, nicht nur bei Neuankäufen auf höchste Qualität zu achten, sondern auch die bestehenden Portfolios kontinuierlich zu überprüfen. Es ist wichtig, in Sachen Ausbaustandard und Nachhaltigkeit schnell und effizient nachzuziehen, um die beste Qualität aufweisen und die Erträge steigern zu können. Das bedeutet auch, in engem Austausch mit den Mieterinnen und Mietern zu sein, um Anforderungen erfüllen zu können und langanhaltende Partnerschaften zu fördern.

Zentral ist auch, die Gebäude in Sachen ESG auf dem aktuellen Stand zu halten. Das wird noch einige Kosten generieren. Auch Swiss Life Asset Managers hat sich dazu verpflichtet, die CO2-Intensität des direkten Portfolios bis 2030 im Vergleich zu 2019 um 20% zu senken. Um das Ziel zu erreichen, sind bis 2030 kumulierte Investitionen von 2 Mrd. Euro Capex geplant.

Die Quadratur des Kreises?

Zusätzlich zur aktiven Bewirtschaftung sollte über die Strategie eines Assets gesprochen werden. Verdichtung, Umwandlung, Neubau, Investition oder Devestition – als Asset Manager für Immobilien gibt es eine Vielzahl von Lösungsansätzen, um die Anforderungen der Mieterinnen und Mieter erfüllen zu können, und gleichzeitig Erträge zu sichern oder zu steigern. Die Frage der «best practice» oder auch des «best owner» muss aktuell laufend neu beantwortet werden. Dafür braucht es auch eine Investition in die Weiter- und Neuentwicklung der Tools, die in diesem Entscheidungsprozess unterstützen.

Ein starker Fokus liegt bei Swiss Life Asset Managers in der Verbesserung der Datenverfügbarkeit und der Digitalisierung und Optimierung von Prozessen, um diese Daten zu analysieren und konkrete Schlussfolgerungen zu ziehen und zukünftige Erfolge entsprechend messen zu können. Gleichzeitig wird viel in die Mitarbeiter, Prozesse und IT-Infrastruktur investiert, um einzelne Punkte verbinden und innovative Ansätze verfolgen zu können, und sowohl aus bestehendem Wissen wie auch aus neuer Expertise die gesamte Wertschöpfung abdecken und steigern zu können. Die aktuelle Lage an den Immobilienmärkten stellt die Investoren also keineswegs vor eine unlösbare Aufgabe, sie muss aber mit viel Expertise, Ressourcen und Motivation angegangen werden.

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