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«Traditionelle Immobilienplattformen sind nicht mehr der effizienteste Weg»

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Anita Horner, Präsidentin von wipswiss – women in property switzerland association spricht im DOMBLICK-Interview u.a. über Netzwerken und sportliche Aktivitäten in Pandemiezeiten sowie ihren unternehmerischen Neustart.

Mehr als ein Jahr Corona liegt hinter uns. Wie gestaltet sich die Arbeit bei wipswiss für die Mitglieder und für Sie persönlich als Präsidentin des Netzwerks der Schweizer Immobilienbranche?

Als Netzwerk möchten wir unseren Mitgliedern natürlich attraktive Plattformen zum Austausch und Networking bieten – das hat bis anhin vom physischen Austausch gelebt und so war die Situation logischerweise eine Herausforderung. Wir mussten uns rasch adaptieren. Zu Beginn war nicht ganz klar, wie lange uns die Pandemie beschäftigen würde und aus dem anfänglichen Verschieben der Anlässe entstanden dann kreative neue Konzepte, teils hybrid, teils digital. Das vergangene Jahr hat allen zugesetzt und bei unseren Mitgliedern merke ich ein verstärktes Bedürfnis nach Netzwerken und Kontakten. Da alle zu Hause eingeschlossen waren, wuchs der Wunsch nach Austausch exponentiell. Für mich persönlich war es auch eine Herausforderung, den Kontakt zu unseren Mitgliedern und auch sonst aufrecht zu erhalten. Ich geniesse zwar die gewonnenen Reisezeiten, vermisse aber das Händeschütteln. Wir freuen uns schon sehr, bald wieder in kleinen Schritten zurück auch zu physischen Angeboten kommen zu können.

Bei Ihnen hat sich in letzter Zeit auch einiges getan: die Trennung von Real Butler und ein Neustart mit Immo Solutions Atelier. Wie kam das?

Real Butler ist damals aus der Idee entstanden, die Immobilienwelt mit Ansichten aus der Mathematik und dem Strategic Design zu komplettieren. Aus diesen Bereichen stammten meine Geschäftspartner und wir konnten uns gegenseitig mit unseren Ansichten bereichern. Diametrale Ansichten – auch wenn sie ergänzend sind – bergen aber auch die eine oder andere Herausforderung und wir mussten einsehen, dass wir uns doch lieber auf unsere jeweiligen Kernkompetenzen konzentrieren wollen. Projektspezifisch arbeiten wir weiterhin miteinander, gehen aber unsere getrennten Wege, auf welchen sich jeder von uns entfalten kann.

Mit der Neugründung Immo Solutions Atelier bieten Sie Services in den Bereichen Immobilienvermarktung, Marktanalysen und Transaktionen. Und das alles auch mit «digitalen Werkzeugen». Was steckt genau dahinter?

Ohne mein Kochrezept liefern zu wollen: Mir ist aufgefallen, dass wir insbesondere in der Immobilienbranche die zur Verfügung stehenden Tools zu wenig nutzen. Es gibt ein solch grosses Angebot an Automatisierungstools, mit denen man ein triftiges digitales Ökosystem einrichten kann. Es braucht zwar etwas Zeit, sich einen Überblick zu verschaffen – aber am Ende des Tages kann man seine Zeit optimal einsetzen. Als Start-up ist es für mich natürlich essenziell, möglichst zeiteffizient arbeiten zu können. Insofern erledigen Bots für mich so viel wie möglich automatisiert – und ich kann mich auf meine Kundenkontakte und den persönlichen Austausch konzentrieren. Die Erfahrungen daraus kann ich insbesondere im Bereich Vermarktung einsetzen – ich bin nämlich überzeugt, dass traditionelle Immobilienplattformen nicht mehr der effizienteste Weg sind, Flächen an den Nutzer zu bringen.

Wie sehen Sie ganz generell den Trend Digitalisierung in der Schweizer Immobilienwirtschaft? Ist die Branche auf einem guten Weg?

Wenn ich ehrlich sein darf: der Weg ist gut, nur stehen wir nicht da, wo wir sein sollten. Die digitale Entwicklung wächst exponentiell und ich befürchte, dass wir die Kurve verpassen. Wir sprechen immer noch von einem Trend, aber meines Erachtens sollte Digitalisierung bereits etabliert sein, um dann «organisch» wachsen zu können. Wir befinden uns immer noch auf Status «Umbruch». Digitalisierung verändert unsere Gewohnheiten grundlegend – in jedem Bereich unserer Branche. Damit könnten wir in vielen Bereichen enorm viel Zeit sparen: das stellt das eine oder andere Business-Modell entscheidend infrage. Damit hängen viele Arbeitsplätze zusammen und das ist sicherlich auch ein Grund, weshalb wir nur – in meinen Augen – in kleinen Schritte vorankommen. Andere Länder haben da teils grossen Vorsprung auf uns.

Welches sind weitere Herausforderungen für Immobilienunternehmungen in einer Post-COVID-Ära?

Für mich hat Covid-19 insbesondere an den Tag gelegt, wie wichtig es ist, flexibel agieren zu können. Auch hier betrifft es alle Bereiche unseres Lebens: die Anforderungen an unseren Wohnraum, an unsere Geschäftsräume oder an den vertraglichen Bindungen, die eingegangen werden. Insofern sehe ich eine der grössten Herausforderungen im Bereich Agilität: diese ist für Kleinunternehmen einfacher durchzusetzen als für grössere Firmen.

Eine weitere Herausforderung ist, dass wir mit der Home Office-Pflicht die Frauen wieder ein paar Jahre zurücksetzen: arbeitende Mütter zu Hause erleben jetzt eine noch grössere Belastung als zuvor. Es wäre sehr schade, die Fortschritte der letzten Jahre zu verlieren und den Teppich neu ausrollen zu müssen.

Sind dies auch Themen, die Sie mit wipswiss besetzen bzw. diskutieren wollen?

Da sind wir grundsätzlich immer dran. Es ist unser Ziel, nicht nur Gender-Themen aufzunehmen, sondern konkrete und aktuelle Bereiche aufzugreifen, zum Dialog anzuregen und sich durch den Austausch und das Teilen von Erfahrungen gegenseitig zu bereichern. Wir haben in unserem Netzwerk zahlreiche Expertinnen aus verschiedensten Fachbereichen – und da wir kein Kaffeekränzchen-Verein sind, steht natürlich auch der Austausch zu konkreten Themen im Fokus. Zukunft und Nachhaltigkeit beschäftigen uns besonders.

Wir hatten ja auch schon das Thema Nachhaltigkeit: Sie haben Ende April beim Global Real Estate Run teilgenommen. Wie war das und was bedeuten für Sie solche Initiativen, die was verändern wollen und zugleich Beruf, Freizeit und Fitness miteinander verbinden?

wipswiss war gleich als Partner der Initiative am Start. Ich war vom Konzept des Global Real Estate Run sofort begeistert. Innert weniger Wochen konnte da eine Community aus aller Welt gegründet werden und jeder konnte teilnehmen – man musste ja nicht zwingend der schnellste sein, sondern einfach teilnehmen, was jedem zugänglich war. Und anstelle nur von Nachhaltigkeit zu sprechen wurden auch konkrete Taten umgesetzt: so sollte es immer sein.

Beruf und Freizeit fliessen ja eh schon länger ineinander – vor allem, wenn man wie ich intensiv mit Netzwerken beschäftigt ist. Da entstehen auch langlebige Freundschaften und das ist auch gut so. Wenn die Chemie auf Projektebene stimmt, stehen die Chancen auf Erfolg umso besser – nebst der Tatsache, dass man auf der Arbeit noch Spass hat.

Fitness kommt – jedenfalls bei mir – oft zu kurz, daher begrüsse ich das sehr, alles «in einen Schuh» zu bringen. Früher ging man Golf spielen – heute ist eher Joggen im Trend. Das bringt auch den Vorteil, dass man seine Partner in einem anderen Kontext kennenlernt – das stärkt die Beziehungen.

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