Die Herausforderungen auf dem Schweizer Immobilienmarkt und die Chancen für Immobilieninvestitionen im Ausland waren zwei wichtige Themen eines Roundtable-Gespräches im neu formierten Swiss Circle-Beirat bestehend aus (im Bild oben links) Dr. Christoph Caviezel, (Mitte) Dr. Ivo Furrer und (rechts) Dr. Beat Schwab.
«Wir nähern uns dem Ende eines ungewöhnlich positiven und langjährigen Immobilienzyklus‘», sagte Dr. Beat Schwab zu Beginn des Roundtable-Gesprächs, welches vom Schweizer Immobilien-Netzwerk Swiss Circle Mitte Februar 2020 initiiert wurde. «Der Schweizer Immobilienmarkt ist relativ klein und die Musik spielt im Grossraum Zürich und im Arc Lémanique», ergänzte Dr. Christoph Caviezel. Einem geringen Angebot von qualitativ hochwertigen Immobilien an guten Lagen stehe eine sehr grosse Nachfrage gegenüber. Befeuert durch die Nullzinsen seien die Immobilienpreise «in astronomische Höhen» gestiegen. «Es besteht die Gefahr, dass aus einem Anlagenotstand heraus an der Nachfrage vorbei gebaut wird und Leerstände produziert werden. Das könnte sich rächen. Es wäre an der Zeit, die Negativzinspolitik zu beenden», so Caviezels Sicht zu den momentanen Entwicklungen auf dem Schweizer Heimmarkt.
«Aufgrund der anhaltenden Tiefzinsphase rechne ich aber mit einem <Soft Landing> und halte Ängste bezüglich einer Immobilienblase für übertrieben», erklärte Schwab. In einigen Regionen und Marktsegmenten habe bereits «eine durchaus gesunde Wende» eingesetzt. So seien etwa die Preise für Detailhandelsimmobilien, grosse Wohnüberbauungen mit Leerständen in peripheren B-Lagen oder Zweitwohnungen in den Bergen tendenziell bereits leicht rückläufig. Auch die Preise in gewissen «Hot Spots», wie zum Beispiel an der Zürcher Bahnhofstrasse – hätten den Höhepunkt überschritten. «Ich rechne aber insgesamt mit einer Konsolidierung auf hohem Niveau und mittelfristig – vor dem Hintergrund eines gesunden Wachstums der Schweizer Wirtschaft – auch wieder mit anziehenden Preisen bei weiterhin sehr tiefen Zinsen», so Schwab.
«Der Immobilienmarkt wird sich meines Erachtens, ausgehend vom heutigen hohen Stand und auf dem in der Vergangenheit festgestellten soliden Wachstum, weiterhin opportunistisch positiv entwickeln», zeigte sich Dr. Ivo Furrer überzeugt. Potenzial sei zweifellos sowohl auf der Privat- wie auf der Gewerbeseite vorhanden, wenngleich letztere in einzelnen Sektoren, beispielsweise im Retail, die zunehmende Online-Entwicklung deutlicher zu spüren bekommen werde, sagt Furrer.
Chancen für Investitionen im Ausland
«Beim allfälligen Gang ins Ausland sehe ich das Potenzial nach wie vor als gross an. Der <Home Bias> der institutionellen, Schweizer Immobilieninvestoren ist immer noch sehr hoch», erläuterte Schwab. Denn: Im Ausland seien Renditen und Marktliquidität höher, so dass es einfacher sei, attraktive Opportunitäten zu finden. «Wichtig ist dabei allerdings ein professioneller Umgang mit Wechselkursrisiken.»
Grosse Investoren sollten auch bei Immobilienanlagen international denken, davon ist Caviezel überzeugt. «Ein internationales, über unterschiedliche Marktzyklen und Währungen hinweg diversifiziertes Immobilienportfolio, hilft, regionale oder lokale Ereignisse abzufedern.» Dies stabilisiere den Cash-Flow. Bei internationalen Immobilieninvestitionen bestehe aber auch das Risiko mangelnder Marktkenntnisse und von Fehleinschätzungen. «Deshalb empfehle ich Investitionen in geprüfte indirekte Immobilienanlagen. Immobilienanleger sollten generell, sowohl im In- wie auch im Ausland, einen langfristigen Anlagehorizont haben.»
Risiko Brexit?
Von kurzfristigen politischen Themen, wie etwa Brexit oder Handelskrieg, sollte man sich nicht allzu stark beeindrucken lassen. «Massgebend sind die langfristig wichtigen Standortfaktoren, wie Rechtssicherheit, Infrastruktur, Stabilität, etc.», sagte Caviezel.
Für Furrer sind hingegen Auslandsinvestitionen «mutmasslich per se risikoreicher». Sie setzten «eine hervorragende Kenntnis der lokalen Märkte» voraus und die «klare Positionierung in den definierten Segmenten». Die politische und wirtschaftliche Grosswetterlage sei zweifellos mit der hohen Gefahr einer markanten wirtschaftlichen Schwächung verbunden, so Furrer. «Diese könnte entsprechende Bremsspuren auf der Nachfrage- und Investitionsseite verursachen – im Ausland genauso wie in der Schweiz.»
Die Rolle innovativer Immobilien-Start-ups
Doch nicht nur der genaue Blick ins In- und Ausland ist den Swiss Circle-Beiräten wichtig. Es gehöre sich heute auch, «über den Tellerrand hinaus» zu blicken, wie es Caviezel formuliert. Und er meint damit das neue grosse Spielfeld der Digitalisierung. «Start-ups im Proptech-Bereich spielen eine immer wichtigere Rolle, um die Transparenz und die Dynamik bei Immobilien zu erhöhen», pflichtet ihm Schwab bei. Diese Branche sei aber noch jung, und nicht jede gute Idee marktfähig oder branchenverändernd. «Im Moment trennt sich die Spreu vom Weizen. Man muss sehen, welche Proptechs überleben werden», so Schwabs Einschätzung.
Furrer betont zudem, dass innovative Start-ups auch in der Immobilienbranche bereits einen Teil der Wertschöpfungskette besetzten. Diese Tatsache müsse als Chance wahrgenommen werden. Es gelte nun, diese Firmen und Innovationen in umfassende Öko-Systeme einzubauen. «Ein Denken und Handeln der Investoren und Eigentümer in Partnermodellen wird dafür positiv ausschlaggebend sein.» Furrer ist diesbezüglich optimistisch: «Darauf aufbauend lassen sich neue Geschäftsmodelle und zusätzliche Value Propositions auch für Investoren entwickeln und realisieren.»