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EdR Studie (I): Einflussfaktoren auf Wohnimmobilienpreise

Jean-Christophe Delfim Edmond de Rothschild EdR

Das Wirtschaftsresearch-Team von Edmond de Rothschild (EdR) hat die Entwicklung europäischer Wohnimmobilienpreise näher untersucht. Jean-Christophe Delfim, Ökonom für den Euroraum, die Schweiz und die Immobilienmärkte berichtet im DOMBLICK-Interview über die wichtigsten Erkenntnisse der Studie und benennt die Einflussfaktoren in den Märkten Schweiz (Teil 1 heute) und Deutschland (Teil 2 in einer Woche).

Herr Delfim, Sie haben mehrere europäische Wohnimmobilienmärkte einer genaueren Untersuchung unterzogen. Was sind die wesentlichen Ergebnisse?

Wir haben den Beitrag von mehreren makroökonomischen und finanziellen Variablen zu den jüngsten Entwicklungen der Wohnimmobilienpreise in den Ländern Deutschland, Schweiz, Grossbritannien und Frankreich analysiert. Anhand dieser Informationen haben wir Perspektiven für die voraussichtliche zukünftige Entwicklung in diesen Märkten vorgeschlagen. Was dabei insgesamt festzuhalten ist: Kreditkonditionen haben einen bedeutenden Einfluss auf die Wohnimmobilienpreise. In geringerem Masse trifft dies auf die Faktoren Wirtschaftswachstum und Inflation zu. Darüber hinaus hat sich die Leerstandsquote, die einen Hinweis auf die bestehenden Marktspannungen gibt, in den letzten Jahren mancherorts verstärkt ausgewirkt. Unsere aktuelle Analyse suggeriert, dass die Preise für Wohnimmobilien in der Schweiz relativ stabil bleiben sollten. In Deutschland werden sie weiter stetig wachsen, wenn auch langsamer als auch schon. Hingegen in Frankreich dürfte der Preisanstieg weiterhin moderater sein. In Grossbritannien werden beschleunigte Preissteigerungen erwartet, es sei denn, es findet ein Brexit ohne EU-Abkommen statt. Also das No-Deal-Szenario.

Wie sind Sie bei der aktuellen Untersuchung vorgegangen und welchen Zeitraum umfasst die Analyse in diesen vier Ländern?

Ziel der Studie war es, für erfolgte Preisänderungen bei Wohnimmobilien die makroökonomischen und finanziellen Variablen mit grossem Einfluss zu untersuchen. Auf dieser Basis können wir nun auch mögliche Aussichten für die zukünftigen Entwicklungen der betrachteten Märkte geben. Wir verwenden ein spezifisches ökonometrisches Modell, das empirisch validiert ist und weitgehend auf aktuellen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen in den Bereichen Immobilienfinanzierung, Wohnungswirtschaft und multivariate statistische Analysetechniken für Zeitreihen basiert. Wir untersuchten die Entwicklung der Preise für Wohnimmobilien auf den seit dem Jahr 2000 betrachteten Märkten, was es uns ermöglichte, die Mechanismen bei der Arbeit darzustellen, sowie die in unserem Fall relevantesten makroökonomischen Variablen zu identifizieren und ihre Auswirkungen auf die Preise zu quantifizieren. Dank dieser Analysen konnten wir für die untersuchten Länder Prognosen zur Preisentwicklung von Wohnimmobilien bis zum 31. Dezember 2020 schätzen.

Nun ganz konkret: Wie sah die Entwicklung für den Schweizer Wohnimmobilienmarkt der vergangenen zwei Jahrzehnte aus?

Die Wohnimmobilienpreise in der Schweiz stiegen zwischen dem ersten Quartal 2000 und dem dritten Quartal 2008 um 32,1 Prozent, bevor sie bis zum ersten Quartal 2011 ein durchaus bemerkenswertes Stabilitätsniveau erreichten. Danach folgte eine Phase mit einem schnellen Wachstum (+15,3%) innerhalb eines Jahres. Das durchschnittliche Wachstum gegenüber dem Vorjahr stabilisierte sich dann bis zum zweiten Quartal 2018 bei 2,7 Prozent. Seitdem sind die Preise sogar tendenziell leicht gesunken. Das von uns angewandte ökonometrische Modell zeigt, dass der Anstieg der Wohnimmobilienpreise in der Schweiz seit dem ersten Quartal 2009 durchschnittlich 0,76 Prozent (quartalsweise) bzw. 3,1 Prozent (im Jahresvergleich) betrug.

Folgende Faktoren waren hierfür massgeblich: So trug das BIP-Wachstum im Schnitt 0,25 Prozentpunkte zum vierteljährlichen Wachstum der Schweizer Wohnimmobilienpreise bei. Dies entspricht einem Drittel des Wachstums. Der Beitrag der Kerninflation war mit durchschnittlich 0,08 Prozentpunkten moderater. Die Kreditbedingungen, der Anstieg der Hypothekarkredite gepaart mit Zinsschwankungen, sorgten dagegen für einen Anstieg um durchschnittlich 0,40 Prozentpunkte quartalsweise. Dies ist der grösste Beitrag, der mehr als die Hälfte des durchschnittlichen Anstiegs der Wohnimmobilienpreise ausmacht. Schwankungen der Baukosten wirkten sich im Durchschnitt nur unwesentlich auf die Preisänderungen aus.

Welche Preisentwicklungen erwarten Sie in der Schweiz in naher Zukunft?

Für das Gesamtjahr 2019 wird erwartet, dass die Preise für Wohnimmobilien in der Schweiz leicht sinken werden. Darüber hinaus ist anzumerken, dass am 1. Januar 2020 eine Stärkung der makroprudentiellen Regeln in Kraft treten wird, um die Bedingungen für die Gewährung und Rückzahlung von Hypothekarkrediten für Renditegüter zu verschärfen. Die Auswirkungen dieser Änderungen sollten jedoch begrenzt sein, da sie nur Hypotheken auf Renditeliegenschaften betreffen, die sich im Besitz von Privatpersonen befinden. Nicht aber auf solche, die sich im Besitz institutioneller Anleger befinden, und die meisten Verträge erfüllen bereits die neuen Beschränkungen.

Unser Modell deutet darauf hin, dass die Preise der Wohnimmobilien bis zum vierten Quartal 2020 eher stabil bleiben sollten. Wenn die Preise zunächst noch schrumpfen könnten, würden sie sich ab dem zweiten Quartal 2020 leicht erholen, was zu einem durchschnittlichen Wachstum von 0,40 Prozent für das kommende Gesamtjahr 2020 führen würde. Zwischen -2,5 und +3,6 Prozent gemäss dem von uns geschätzten Konfidenzintervall. Nach wie vor günstige Kreditbedingungen sowie ein Wirtschaftswachstum, das sich zur Jahresmitte wieder beschleunigen würde, dürften die Preise stützen. Umgekehrt würde die für die Schweiz historisch hohe Leerstandsquote aufgrund der hohen Anzahl von Neubauten den Preisdruck aufrechterhalten.

In Teil 2 des Interviews wirft Jean-Christophe Delfim einen Blick auf den Wohnimmobilienmarkt in Deutschland. Mehr dazu kommende Woche hier auf www.domblick.eu.

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