Susanne Peick, Chefredakteurin des Magazins Urban Development und Projektleiterin der derzeit in Düsseldorf stattfinden polis Convention 2022, im zweiten Teil des Interviews über Einflüsse auf Städtebau, die Bedeutung von großen Projektentwicklungen und welche Art von Diskussionskultur sie mag.
Ist Stadtplanung und Stadtentwicklung immer auf die lokale und regionale Ebene zu begrenzen? Welche (inter)nationalen Einflüsse gibt es in Deutschland?
Ich denke Stadtplanung und Stadtentwicklung folgt immer bestimmten „lokalen Eigenarten“. Natürlich müssen sich die entsprechenden Akteure an den Gegebenheiten vor Ort orientieren. Jede Stadt hat ihre ganz eigenen Ausgangsbedingungen, die es zu berücksichtigen gilt. Das hier auch Grenzen überschritten und Neues probiert wird, ist wünschenswert – andernfalls könnten wir auch nicht von StadtENTWICKLUNG sprechen. Dazu gehört ganz sicher, sich nicht nur nationale Vorreiter anzusehen, sondern auch unsere internationalen Nachbarn. Was mir aber wichtig erscheint ist, sich auch auf die eigenen Stärken zu besinnen und diese dann mit Visionen in Balance zu bringen. Wir sind immer sehr schnell mit Äußerungen wie „In den Niederlanden geht das alles viel einfacher und schneller“. Die Frage nach dem WARUM gehört hierbei aber auch untersucht. Vielleicht trauen wir uns in Deutschland ja auch zeitnah eigene Trends zu setzen, anstatt uns immer „nur“ zu vergleichen. Die Kompetenz hierfür haben wir sicherlich. Her mit dem Mut!
Ganz konkret: Was muss in den deutschen Städten passieren, was muss sich (ver)ändern?
Hierfür eine allgemeine Aussage zu treffen, ist nicht möglich. Ich kann nur den persönlichen Wunsch äußern, dass ich mir wieder mehr Vielseitigkeit in unseren Innenstädten wünsche – und das geht einher mit dem Appell an die entsprechenden Immobilienbesitzer, nicht nur darauf zu achten, dass es einen Mieter für ein bestimmtes Objekt gibt, sondern WER genau der Mieter ist. Attraktiv werden Städte erst dann, wenn sie Abwechslung bieten – sei es in puncto Einzelhandelangebote oder auch mit Blick auf Freiraumgestaltung. Eine Stadt ist für mich „lebenswert“, wenn sie mir möglichst viele Anlässe bietet, (städtisches) Leben zu er-leben.
Welche Bedeutung haben dabei Großprojekte bzw. Landmarks?
Großprojekte erhöhen zweifelsohne die überregionale Außenwirkung einer Stadt und tragen mit Sicherheit auch zur Attraktivierung eben dieser bei. Das hängt natürlich immer davon ab, welche Nutzung das entsprechende Großprojekt in sich trägt: Ist es nur ein Prestigeobjekt eines bestimmten Unternehmens und bringt wenige oder gar keinen Vorteil für die gesamtstädtische Einwohnerschaft, bleibt es provokant ausgedrückt letztlich nur bei ein paar schillernden Presseberichten. Ich denke daher Städte sollten sich immer sehr sorgfältig überlegen, welchen langfristigen Stellenwert solche Großprojekte in der Entwicklung der Stadt einnehmen können; wie sie sich in den bestehenden Kontext einfügen – architektonisch sowie funktional – und welchen Mehrwert sie für die Zukunft bringen.
Zum Abschluss eine persönliche Frage: Was fasziniert Sie bei Ihrer aktuellen Tätigkeit am meisten?
Sowohl als Chefredakteurin als auch als Projektleiterin gibt es für mich kaum einen Arbeitstag, der dem anderen gleicht. Diese Vielseitigkeit möchte ich nicht missen. Ich bekomme täglich Einblicke in Themen, die gesamtgesellschaftlich relevant sind, denn Stadt geht uns alle an. Dazu gehört auch die regelmäßige Einsicht, dass es Unvereinbarkeiten gibt, die weh tun können. In solchen Situationen zumindest manchmal als vermittelndes Medium zu agieren, erhöht meine Motivation noch mehr. Eine lebhafte und respektvolle Diskussionskultur hilft hier sehr; ist an vielen Stellen aber leider abhandengekommen. Diese über das polis Magazin und über die polis Convention wieder mehr zu etablieren, ist eines meiner Ziele.