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Facility Management: Vereinfachte Auftragsvergabe

DOMBLICK - Beitrag Facility Management - Vereinfachte Auftragsvergabe - Gebäudereiniger (c) Depositphotos

Die Bestellung von Gebäudedienstleistungen wandert zusehends in die digitale Welt ab: Mittels Sourcing-to-Contract-Prozessen soll die Auftragsvermittlung im Facility Management Markt jetzt effizienter, schneller und kostengünstiger werden.

Steigende Nachfrage nach integralen Services, anhaltender Personalmangel sowie hoher Preisdruck – dies sind wichtige Treiber der Konsolidierung im Schweizer Markt für Facility Management (FM). Die Ergebnisse stammen aus
der Lünendonk-Studie «Facility-Management-Unternehmen in der Schweiz», die 2019 in Kooperation mit den Unternehmen Apleona, Bouygues, CBRE und Engie durchgeführt wurde.

Trend zur Kostenreduktion

«Eine Folge von Preis- und Margendruck sowie Personalmangel ist ein zunehmendes Outsourcing von Dienstleistungen sowie der zusätzliche Antrieb zur Digitalisierung», sagt Studienautor Thomas Ball, Partner bei Lünendonk & Hossenfelder in Frankfurt am Main. Die Schweizer Branche stehe damit vor grossen Herausforderungen, so Ball. «Der Mangel an Personal und notwendige Investitionen in die Digitalisierung werden nur bei auskömmlichen Preisen zu bewältigen sein. Ein zu hoher Preisdruck wird in weniger Angeboten und einem Basis-Service-Niveau resultieren.» Dies sollten vor allem die Verantwortlichen im Vergabeverfahren bedenken, merkt Ball an.

Den Trend zur Kosteneinsparung bestätigt auch die jüngste «FM Monitor Trendanalyse» der Pom+Consulting AG. Sie befragte zusammen mit der ETH Zürich, der EPF Lausanne sowie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) über 150 Expertinnen und Experten der Schweizer Immobilienwirtschaft. «Trotz diverser nicht veränderbarer Rahmenbedingungen gibt es zahlreiche Wege, Kosten einzusparen. Grosses Potenzial haben beispielsweise die Professionalisierung des Providermanagements, die Optimierung der Bestellerkompetenz sowie die Überprüfung von Service Level Agreements und betriebsinternen Konzepten», sagt Pom+-Geschäftsführer Peter Staub.

Die wesentlichen Treiber der Bewirtschaftungskosten seien Nutzungsart, Alter, Grösse sowie Lage eines Objektes. Aus Eigentümersicht sei bei den Nebenkosten die Nutzungsart Wohnen am teuersten, bei den Betriebsliegenschaften seien es die Kategorien Fürsorge und Gesundheit. Staub stellt bei dem bereits seit Jahren in der FM-Branche herrschenden Preisdruck aber auch eine langsame Abflachung fest. «Zwar bleibt der Preis das wichtigste Vergabekriterium, doch werden Kriterien wie ein bedürfnisgerechtes Dienstleistungsangebot, die Fachkompetenz des Anbieters sowie bereits bestehende Kooperationen zunehmend wichtiger.» Lebenszykluskosten blieben weiterhin «ein Muss für alle Investitionsentscheide». Um noch präzisere Prognosen zu treffen, brauche es zudem solide und verlässliche Daten, «insbesondere weil die Zukunft den Smart Buildings gehört», so Staub. Klar sei aber auch, dass die FM-Branche die Digitalisierungsthemen erst sehr spät für sich entdeckt habe, stellen Staub und Ball unisono fest.

Pilotphase abgeschlossen

Tatsächlich verharrte der Einsatz von digitalen Technologien bis anhin auf tiefem Niveau; bei der Vergabe von FM-Dienstleistungen wird häufig auf externe Unterstützung zurückgegriffen. Hier setzt nun die Ausschreibungsplattform Beestate an, die aktuell rund 2.000 Positionen und Services umfasst. Beestate ist das erste Produkt der 2019 gegründeten deutschen PropTech-Firma Serthoro in Bamberg, eine Gemeinschaftsunternehmung von Alpha IC und der Schweizer Reso Group. In der Testphase im Dezember 2019 wurde die Plattform von der börsenkotierten Alstria Office REIT-AG mit Sitz in Hamburg genutzt. Alstria testete Beestate mit einem Teilportfolio von 24 Gebäuden, vorrangig Büroliegenschaften, mit gesamthaft 309.000 Quadratmetern zu bewirtschaftenden Flächen. Das Gesamtvergabevolumen umfasste circa 3,5 Millionen Euro.

«Etwa 90 Prozent der FM-Services, die in marktüblichen Gewerbeimmobilien erbracht werden, sind standardisiert», schätzt Serthoro-Geschäftsführer Sebastian Hölzlein. Allerdings setzten die meisten Kunden der Facility-Manager für diese Dienstleistungen immer wieder neue individuelle Beschaffungsprozesse auf, was «einen Riesenaufwand bedeutet». Beestate standardisiere diese Beschaffungsprozesse und bilde auch komplexe Dienstleistungen ab. «Mit der ersten digitalen Plattform für den gesamten FM-Sourcing-to-Contract-Prozess verkürzt sich die Auftragsvergabe auf bis zu einen Drittel der sonst üblichen Zeit.»

Die technische Basis von Beestate ist eine Softwarekomponente der Reso Group, eine B2C-Auktionsplattform für Reinigungsdienste. Die neue FM-Auftragsvergabeplattform umfasst für alle gelisteten Dienstleister ein Fünf-Sterne-Bewertungssystem. Die Dienstleistungsfirmen können sich nicht selbst ins System eintragen, sondern laden zunächst Dokumente hoch. Erst nach eingehender Prüfung wird der Dienstleister als verifizierter Anbieter aufgenommen und steht als Bieter für den FM-Besteller zur Auswahl.

Plattformlösung wird ausgebaut

Die Service-Anbieter hinterlegen im nächsten Schritt ihre Einheitspreiskataloge. In Kombination mit einem Plattform-Abonnement kann der Besteller nun per Knopfdruck auf jede Ausschreibungsanfrage antworten. «Diese einmalig zu hinterlegende Urkalkulation kann für multiple Vergabeverfahren genutzt werden, spart Zeit und ermöglicht Wettbewerbsvorteile. Diese sind über bestimmte Faktoren noch anpassbar», sagt Hölzlein. Für die FM-Besteller ist die Nutzung der Beestate-Plattform kostenfrei. Mittlerweile gibt es bereits Folgeprojekte und die Plattformlösung wird weiter ausgebaut. Aktuell befindet sich Beestate im Pre-Opening für weitere Dienstleister, die sich auf der Plattform registrieren können. Eine Reihe neuer Kunden steht auch schon in den Startlöchern, um das digitale FM-Auftragsverfahren in den kommenden Wochen und Monaten aufzugleisen.

Dieser Beitrag erschien erstmals im Schweizer B2B-Fachmagazin IMMOBILIEN BUSINESS (Ausgabe 5/2020).

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