Zuwachs für die Familie der hedonischen Indizes: Mit der Home Market Price Analysis vom Swiss Real Estate Institute und Homegate steht seit kurzem eine weitere regelmässige Untersuchung tatsächlich erzielter Transaktions- bzw. Verkaufspreise am Schweizer Wohnimmobilienmarkt zur Verfügung.
Die grössten 26 Schweizer Banken müssen seit dem letzten Jahr ihre Transaktionsdaten aus Eigenheimfinanzierungen an das eidgenössische Bundesamt für Statistik (BFS) übermitteln. Es handelt sich dabei um ein riesiges Datenpaket, das die Grundlage zur Erstellung des BFS-Immobilienpreisindex darstellt. Damit will das Bundesamt mehr Transparenz im Wohneigentumsmarkt erreichen. Zugleich erhält es Frühindikatoren, um eine allfällige Hypothekarkreditblase vorherzusehen und diese vielleicht sogar mit entsprechenden regulatorischen Massnahmen des Bundes verhindern zu können.
Wunsch und Wirklichkeit
Effektive Kauf- und Verkaufspreise sind der Kern des realen Immobilienmarktes. Im Unterschied zu den annoncierten Angebotspreisen differieren diese zuweilen um bis zu 30 Prozent nach oben oder unten. Manch ein Immobilieneigentümer schätzt vielleicht die Objekt- und Lagequalitäten seiner Liegenschaft subjektiv zu hoch ein und muss im Verkaufsprozess Abschläge in Kauf nehmen. Andere wiederum stellen ein Eigenheim ganz ohne Marktrecherche ins Netz und sind plötzlich überrascht über eine unerwartet hohe Anzahl von potenziellen Käufern.
«Mit der neuen Home Market Price Analysis, die das Swiss Real Estate Institute (SREI) der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) zusammen mit dem Immobilienmarktplatz Homegate neu für den Eigenheimmarkt in der Schweiz erstellt hat, gibt es nun eine weitere Auswertung von real existierenden Transaktionspreisen», sagt SREI-Institutsleiter Peter Ilg. Die Datenbasis bildet der Swiss Real Estate Datapool (SRED). Dieser ist ein von Credit Suisse, UBS und Zürcher Kantonalbank (ZKB) im Jahr 2012 gegründeter Non-Profit-Verein. Die beteiligten Institute lieferten die Verkaufspreise sowie weitere Objektmerkmale aller von ihnen finanzierten Eigenheimtransaktionen für den Datenpool, berichtet Ilg: «Und wir werten diesen dann anonymisiert aus.»
Datenpool der finanzierenden Banken
Untersucht wurden die «vier liquidesten Marktregionen der Schweiz»: Zürich, Bern, die Nordwestschweiz und die Genferseeregion. Dort legten im Berichtsjahr 2019 die Preise von Einfamilienhäusern (EFH) und Eigentumswohnungen (EGTW) gegenüber der Vorperiode um 3,3 bzw. 1,7 Prozent zu. Die regionalen Durchschnittspreise variierten dabei stark: Während in der teuersten Region Genfersee ein Einfamilienhaus im vergangenen Jahr im Durchschnitt 1,305 Millionen Franken kostete, musste etwa in der preiswertesten Region Bern mit 0,77 Millionen im Mittel 40 Prozent weniger bezahlt werden. «Auch die Unterschiede zwischen den teuersten und günstigsten Gemeinden einer Region sind enorm, obwohl die Gemeinden oft nahe beieinander liegen», erklärt Ilg.
Mit der neuen Home Market Price Analysis vom März 2020 wurden in den vier genannten Schweizer Marktregionen rund 3.200 EFH sowie 4.900 EGTW und deren effektive Verkaufspreise (Berichtsperiode: 1. Januar bis 31. Dezember 2019) erfasst und mit den Zahlen des vorangegangenen Jahres verglichen, in dem Verkäufe von gesamthaft 3.100 EFH und 4.500 EGTW bei den drei Grossbanken verzeichnet wurden. Die neue Marktuntersuchung von SREI und Homegate ergänzt damit eine Reihe von bereits bestehenden hedonischen Analysen, die teilweise sogar im vierteljährlichen Rhythmus den Puls des Wohnimmobilienmarktes fühlen.
Dazu zählt beispielsweise der «SWX IAZI Private Real Estate Price Index» für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen. Dieser wird vom Immobilienberatungs- und Analyseunternehmen IAZI in Zusammenarbeit mit der SIX Swiss Exchange
publiziert. «Er basiert auf effektiven Handänderungen und repräsentiert die tatsächlichen Entwicklungen auf dem Markt», erklärt IAZI-CEO Prof. Dr. Donato Scognamiglio. Der Index zeigt die Preis- und Performance-Entwicklung im Schweizer Immobilienmarkt für Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen sowie Renditeliegenschaften und reicht zurück bis ins Jahr 1981.
Zuletzt wies der «SWX IAZI Private Real Estate Price Index» im Abschlussquartal 2019 eine Wachstumsrate von 0,9 Prozent zum Vorquartal aus. Auf Jahresbasis zeigte sich somit ein Preiswachstum von 1,8 Prozent. Der positive Wachstumsimpuls war zuletzt jedoch nur bei den Einfamilienhäusern festzustellen, deren Preisniveau schweizweit im vierten Quartal 2019 um 1,1 Prozent stiegen. Das Preiswachstum für Eigentumswohnungen betrug hingegen nur noch 0,7 Prozent und war damit schwächer als im vorangegangenen Quartal.
«Das Jahrzehnt mit stabilen Preisen ist vorbei»
Auch die Zürcher Unternehmung Fahrländer Partner Raumentwicklung (FPRE) veröffentlicht quartalsweise qualitätsbereinigte Indizes auf der Basis von Immobilientransaktionen von ETWG und EFH. Weitere Indexanalysen liegen für
Renditeimmobilien, Bauland für Mehrfamilienhäuser mit Mietwohnungen und Eigentumswohnungen sowie für EFH-Bauland vor. Gemäss Geschäftsführer Dr. Stefan Fahrländer sind die Preise für Wohneigentum im vierten Quartal 2019 nochmals leicht aufwärts gegangen. Dennoch geht der Experte davon aus, dass Q4-2019 «das Ende eines Jahrzehnts mit insgesamt ziemlich stabilen Wohneigentumspreisen markiert».
Mit 2019 endete auch eine Dekade der Konsolidierung an den Wohneigentumsmärkten: Stiegen die Preise im vorletzten Jahrzehnt (2000 bis 2009) nominal noch um rund 43 Prozent, betrug die entsprechende Wachstumsrate in den
vergangenen zehn Jahren «nur noch» 24 Prozent, sagt Fahrländer. «Und betrachtet man dabei nur die letzten sieben Jahre, so ist das Wachstum mit etwa drei Prozent deutlich knapper ausgefallen.» Was die aktuelle Corona-Krise und ihre möglichen Folgen betreffe, sei es gegenwärtig zu früh, um seriöse Aussagen zu machen.
Dieser Beitrag erschien erstmals im Schweizer B2B Fachmagazin IMMOBILIEN BUSINESS (Ausgabe 4/2020).