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«Die Hotelbranche ist gewaltig unter Druck gekommen»

Prof. Dr. Andreas Deuber MRICS ist Leiter des Instituts für Tourismus und Freizeit (ITF) und Leiter Forschung & Dienstleistung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Chur. Er war zuvor während 15 Jahren im Bankbereich tätig, wo er verschiedene Fach- und Führungsfunktionen im Finanzierungs- und Recovery-Bereich bekleidete, u.a. bei der UBS, bei der er während zwei Jahren im Bereich Real Estate Advisory für Hotel- und Gesundheitsimmobilien zuständig war. Im folgenden Interview spricht er über aktuelle Trends in der Hotelbranche.

Frage: Der Schweizer Hotelmarkt zeigt aktuell sehr unterschiedliche Entwicklungen in den Städten und in ländlichen Gebieten. Welche Herausforderungen sehen Sie hier jeweils für Investoren, Eigentümer und Betreiber?

Andreas Deuber: Ja, Sie haben recht, die Entwicklungen verlaufen nur teilweise parallel. Gemeinsam ist, dass überall eine sehr weitgehende Ausdifferenzierung des Beherbergungsthemas stattfindet. Das traditionelle Hotel kommt zwar weiterhin vor, aber immer öfter begegnen uns Hotelangebote in Mischimmobilien oder mit innovativen Dienstleistungskonzepten. Entweder erfolgt die Differenzierung vom Hotel herkommend, indem dieses zum Beispiel appartementähnliche Einheiten anstatt klassische Zimmer bewirtschaftet, oder aus dem Wohnungskonzept heraus, indem hotelähnliche Services angeboten werden. Es ist aber festzustellen, dass die Dynamik in den Städten grösser ist. Dort ist auch der Strukturwandel weiter fortgeschritten und Hotelketten haben sich etabliert. An den ländlich-touristischen Standorten kann sich das traditionelle Modell des Eigentümerbetriebes länger halten. Der Grund liegt wohl im Umstand, dass der Druck des Neuen zwar da ist, infolge auslastungsbedingt tieferer Renditen aber nicht gleich schnell aufgenommen werden kann. Die Ferienhotellerie im oberen Segment hat zudem durch die neue Zweitwohnungsgesetzgebung an Investitionsdynamik verloren, weil die früher weit verbreitete Quersubventionierung durch Wohnungsverkäufe gestoppt worden ist. Besitz und Betrieb einer Hotelimmobilie sind zunehmend nicht mehr in einer Hand.

Frage: Welche Vorteile sehen Sie dadurch?

Andreas Deuber: Die Trennung führt eindeutig zu höherer Dynamik, weil im alten Modell vereinte Kernfunktionen aufgeteilt werden. Durch den Zugang zum Kapitalmarkt entfällt die Limitierung auf die Mittel einer einzigen Person oder eines kleinen Personenkreises. Die Investoren ihrerseits wollen die Betreiberrisiken möglichst tief halten, was durch die Zusammenarbeit mit spezialisierten Betreiberorganisationen in Form von Hotelketten erreicht wird.

Frage: Die internationale Hotelbranche zeigt sich innovativer und experimentierfreudiger. Welche neuen Trends stellen Sie fest?

Andreas Deuber: Die Hotelbranche ist durch neue Angebote wie Airbnb und Serviced Apartments gewaltig unter Druck gekommen. In dieser anspruchsvollen Situation tun Hotels und Hotelketten hauptsächlich zwei Dinge: Sie konzentrieren sich auf Wachstum in neuen Märkten und entwickeln ihre Angebote in den bestehenden Märkten weiter, indem sie sich fragen: Was sind die Differenzierungsmerkmale, die wir als Hotel gegenüber den genannten neuen Konkurrenten ausspielen können? Dabei steht die Dienstleistung im Zentrum und dem Service Design kommt eine wichtige Rolle zu. Aber auch die Hardware kann zur Differenzierung gegenüber den neuen Konkurrenten genutzt werden. Zum Beispiel kommt der Lobby als Begegnungsort von Menschen eine zentrale Funktion zu. Dies kann man zum Beispiel bei jungen Hotelketten wie 25hours gut sehen.

Vielen Dank, Herr Deuber, für das interessante Gespräch.

Dieses Interview erschien erstmals im Schweizer Fachmagazin IMMOBILIEN BUSINESS (Ausgabe 5/2019).

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