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Personalberatung: «Ein gutes Kandidatennetzwerk ist das A und O»

Olaf Kenneweg gründete 2010 das Kölner Unternehmen Kenneweg Property Personalberatung und bietet Services für alle Ebenen (Spezialisten, Young Professionals sowie Führungskräfte) in der Immobilienwirtschaft an. Zudem ist er Initiant der Netzwerk- und Veranstaltungsreihe «ImmobilienStammtisch Rhein/Ruhr». Die DOMBLICK-Redaktion stellte ihm drei Fragen zur aktuellen Situation für eine Personalberatung bei der Talentsuche in der Immobilienbranche.

Herr Kenneweg, welche neuen und alten Herausforderungen ergeben sich in der digitalen Ära für eine Personalberatung?

Olaf Kenneweg: Es ist vor allem der Spagat zwischen Kandidatenansprache, die Zeit für ausführliche, persönliche Gespräche lässt und gleichzeitig gewünschter Schnelligkeit von Unternehmen, die uns beauftragen. Oft wird der Auftrag zu spät erteilt. Eine digitale Datenbank ist nur so lange aktuell wie Kandidaten auch aktuell suchen bzw. affin für neue Angebote sind. Trotzdem ist es von hoher Bedeutung, sich eine Datenbank inhouse – nicht extern – aufzubauen. Wir Personalberater sind aber keine «CV-Trader».

Wichtig ist, frühzeitig mögliche Kandidaten zu erreichen und diese langfristig zu begleiten. Gelingt mir nicht immer, das gebe ich zu, aber ich arbeite immer weiter daran. Ein gutes Kandidatennetzwerk ist das A und O. Daher ist es auch für uns immer wichtiger, online und in Social Media vertreten zu sein.

Die häufig vertretene Ansicht, man müsse es den Kandidaten so einfach wie möglich machen, vertrete ich nicht. Wenn ich initiativ angeschrieben werde, lege ich immer noch grossen Wert darauf zu erkennen, warum ich die Bewerbung bekomme. Massenbewerbungen fallen durch. Mal ebenso mit einem digitalen Wisch-und-Click, nein, solche Kandidaten interessieren mich nicht. Die wollen oft nur ihren Marktwert testen, um dann bei ihrem aktuellen Arbeitgeber eine höhere Vergütung herauszuholen. Bewerbungen über WhatsApp, Facebook und Co.? Wenn man auch jungen Leuten erklärt, welchen Sinn nach wie vor der klassische Weg per E-Mail oder eine Bewerbungsplattform macht, verstehen Sie es.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung verändern sich auch die Tätigkeitsfelder einer Personalberatung sowie von HR- und Recruiting-Abteilungen. Welche Trends stellen Sie hier in der Immobilienwirtschaft fest?

Olaf Kenneweg: Ich glaube gar nicht, dass hier speziell immobilienwirtschaftliche Trends gesetzt werden. Ähnliche Trends gibt es in vielen Branchen. Ganz vorne steht das sogenannte «Active Sourcing», also die proaktive Kandidatensuche. Wir Personalberater haben schon seit Jahren Plattformen wie XING oder LinkedIn für die Kandidatenansprache genutzt. Den Nutzen daraus haben inzwischen auch Unternehmen selbst erkannt und «fischen» aktiv in diesem Teich. Eine Anzeige in den bekannten Stellenportalen online zu stellen, reicht schon lange nicht mehr. Das gilt im Übrigen auch für uns Personalberater.

Potenzielle Kandidaten wollen direkt angesprochen werden. Aber: In der richtigen Form bitte schön. Nicht jeder mit einem Online-Profil in einem Business-Netzwerk ist auch automatisch ein potenzieller Kandidat. Wichtig ist es, sich im Vorfeld sehr genau die Person angeschaut zu haben, um sie dann individuell anzusprechen.

Gerade XING hat sich selbst in den letzten Jahren aktiv immer mehr weg vom Netzwerk-Gedanken hin zur Bewerberbörse entwickelt. Ich bin in der massiven Form kein Freund davon. Marktteilnehmer, die heute noch nicht dort vertreten sind, sagen mir oft, dass sie jetzt auch nicht mehr beitreten. Zu gross sei die Angst, dass der Chef denke, man sei auf «Brautschau». Das gilt vor allem in der Immobilienwirtschaft. Zwar einerseits vom Geschäft her ein riesiger Markt, aber auf Entscheiderebene dann doch so klein wie ein Dorfplatz. Vertraulichkeit ist von grosser Bedeutung.

Wie sieht heute die Aussendarstellung von Immobilienfirmen, online wie offline, im Vergleich zum Jahr 2010 aus?

Olaf Kenneweg: Gegenfrage: Welche Unternehmen tauchen Jahr für Jahr in den Top 10 der IZ-Arbeitsumfrage unter angehenden bau- und immobilienwirtschaftlichen Absolventen auf? Es sind die Unternehmen, die medienwirksam am auffälligsten online präsent sind und offline auf Hochschultagen und Recruiting-Messen die zukünftigen Fachkräfte direkt vor Ort «abholen». Da wird heute viel mehr gemacht als noch 2010.

Daran erkennt man, welche Bedeutung die Aussendarstellung hat. Leider fallen vermeintlich kleine, aber sehr gute Player oft durch das Raster, weil sie quantitativ nur wenige Stellen im Jahr zu besetzen haben. Umso bedeutender ist es, sich online in den einschlägigen Newslettern und den Social Media-Plattformen zu präsentieren und einen ordentlichen Internet-Auftritt zu haben. Dazu gehört, dass die Homepages mobil tauglich sind und die Unternehmen, Projekte und Philosophien interessant und umfangreich dargestellt werden.

Insbesondere im CREM, aber auch bei Konzernen, bei denen Investments in Immobilien «nur» ein Teilbereich sind, finden sich häufig nur wenig bis gar keine Informationen darüber, dass das Unternehmen auch für Immobilien-Bewerber ein sehr attraktiver Arbeitgeber ist. Ich bin dazu auch verwundert, dass es Unternehmen gibt, die immer noch ihre konkreten Ansprechpartner im operativen Geschäft, aber auch im HR-Bereich verheimlichen, geschweige denn Kontaktdaten preisgeben. Wie sollen interessierte Kandidaten im Vorfeld da den direkten Draht aufnehmen?

Vielen Dank für das sehr interessante Gespräch, Herr Kenneweg.

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