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RICS: «Wir wollen den Nachwuchs konsequenter ansprechen»

Judith Gabler ist Director of Operations im Senior Leadership Team der RICS Royal Institution of Chartered Surveyors Europe. Sie sitzt somit in der höchsten Führungsebene in Kontinentaleuropa und verantwortet die gesamten operativen Bereiche der 15 zugehörigen Nationalverbände. Die DOMBLICK-Redaktion sprach mit ihr über die Themen Inklusion, Diversität und den Erfolg ihres 2019 publizierten Buches.

Seit August 2019 sind Sie bei RICS in der neuen Funktion als Director of Operations Europe. Was sind hier Ihre Ziele?

Ich werde mich natürlich weiterhin für Vielfalt und Inklusion einsetzen. In meiner jetzigen Rolle verantworte ich u.a. die Durchführung und Qualitätssicherung für das Aufnahmeverfahren zum Chartered Surveyor in Kontinentaleuropa. In Deutschland liegt das Durchschnittsalter zur Qualifikation bei etwa 38 Jahre verglichen mit 31 Jahre in UK.

Wir wollen daher den Nachwuchs konsequenter ansprechen und RICS für sie greifbarer machen. 2020 werden wir hierzu unserem AssocRICS-Zugangsweg für Associate Member neben den anderen Zugangswegen als attraktiven Weg für Berufsanfänger in den Fokus stellen. Ferner sind die RICS Pflicht-Berufsfähigkeiten seit etwa einem Jahr sowohl auf D&I als auch auf Inclusive Environments erweitert worden: Das heißt, auch unsere etwa 1,750 Prüfer in Kontinentaleuropa müssen entsprechend ausgebildet werden.

Auf einer anderen Ebene setzen wir uns bei der Neubesetzung unserer Länderboards für eine ausgewogene Mischung von sowohl Mitgliedern aus vielfältigen und kulturellen diversen Hintergründen als auch von Frauen und Männern ein. In meiner Rolle versuche ich, sowohl intern als auch extern Bewegung durch verschiedene Schichten aufzubauen.

Ich selbst setze mich auch weiterhin als Mentorin ein. Über die Jahre habe ich Mentees aus Deutschland, Großbritannien und Asien betreut und lerne von ihnen noch einiges über die kulturellen Unterschiede im Job. Ich hoffe, dass ich dadurch andere inspirieren kann, sich ebenfalls in diesem Bereich einzubringen.

Was waren die Beweggründe das Buch ‚Managing Diversity and Inclusion in the Real Estate Sector‘ im März 2019 zu publizieren?

Vielfalt und Inklusion sind Schlüsselthemen für die RICS und im Rahmen verschiedener Initiativen lernten meine Co-Autorin Amanda Clack und ich uns kennen. Es gab noch keine Publikation, die sich mit der Problematik in der globalen Immobilienbranche auseinandersetzte. Das wollten wir ändern. Durch unsere langjährigen Erfahrungen und unsere beiderseitigen umfassenden Netzwerke sahen wir uns gut platziert, das Thema sowohl unternehmens- als auch menschennah zu bearbeiten.

Frauenförderung durfte hier nicht fehlen, insbesondere da wir durch in Round-Tables 2017 und 2018 in Deutschland wichtige Impulse für Veränderungen von vielen Seiten bekommen haben. Dennoch war uns bewusst, dass einige Themen, wie z.B. Sexualität, Religion oder sozialer Hintergrund, von großer Bedeutung sind, jedoch in einigen Kulturen Tabus oder durch Datenschutz schwierige Themen sind: Dies wollten wir einerseits respektieren und andererseits das Schweigen um diese Themen brechen. Uns war es wichtig, andere zu Wort kommen zu lassen und Menschen in den Mittelpunkt zu stellen.

Die Erfahrungsberichte beispielsweise in Kapitel 7 sind authentisch und zum Teil richtig ergreifend. Einerseits zeigen sie, wie unsere Branche Veränderungen dringend braucht, anderseits geben sie Grund zu Optimismus. Auch wenn wir unseren Blick gezielt auf den oder die CEO als Katalysator für Veränderungen richten, ist unsere Botschaft: Diversität und Inklusion geht uns alle an.

Was hat sich durch die Publikation Positives ergeben?

Es ist nicht einfach, unsere Publikation von anderen Initiativen zu trennen und einzelne Erfolge zuzuordnen. Immerhin ist sie unglaublich positiv aufgenommen worden. Andere Organisationen haben sich uns angeschlossen und wir haben z.B. für ACE, die Association for Consultancy & Engineering, die die Interessen aus dem Bereich Engineering und Infrastruktur vertritt, eine Sonderedition angefertigt. Das Buch ist auch zu einem Baustein der Führungsprogramme von CBRE geworden.

Auf Social Media gibt es heute noch sehr viel ‚Buzz‘ um unsere Hashtags #ActionNotWords and #BeTheChange und die Resonanz von Kolleginnen und Kollegen aus anderen Weltregionen, z.B. den USA, belegt, wie sie unsere Publikation als Ansatz etwa für Konferenzen und Paneldiskussionen nehmen. Wir haben durch unser Buch eine Plattform geschaffen, damit andere in jeder Schicht der Organisationshierarchie sich mit dem Thema auseinandersetzen können. Die Zeitschrift «The Times» wies z.B. im Rahmen der MIPIM auf unser Buch hin, um auf die Problematik unserer immer noch männerdominierten Branche aufmerksam zu machen.

In einem Monat ist das Buch dann zwölf Monate auf dem Markt und dann erfahren wir vom Verlag unsere Verkaufszahlen. Das ist wichtig, da wir sämtliche Royalties als Autorinnen dem Charity LandAid spenden, um den Kampf gegen Obdachlosigkeit unter Jugendlichen zu unterstützen.

Vielen Dank, Frau Gabler, für das Gespräch und die sehr interessanten Antworten.

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